Blutegeltherapie

Definition

Die Blutegeltherapie ist ein ausleitendes Verfahren, bei dem Blutegel zur Heilung und Linderung von Krankheiten an geeigneter Stelle angesetzt werden. Der therapeutische Effekt entsteht sowohl durch den Blutverlust, als auch durch die heilenden Sekrete, die der Egel in die Wunde abgibt.

Herkunft

Der Blutegel gehört zur Klasse der Ringelwürmer. Sein natürliches Verbreitungsgebiet ist neben Deutschland, Österreich und der Schweiz auch Osteuropa und Nordafrika. Er lebt in Teichen und Sümpfen oder wird für medizinische Zwecke in speziellen Farmen gezüchtet.

Man unterteilt den Egel nach dem Ort seiner Herkunft in 2 Arten, den deutschen Blutegel (Hirudo medicinalis) und den Balkanegel (Hirudo officinalis). Es handelt sich jedoch um die gleiche Art. Bezogen werden die Blutegel entweder über Apotheken oder direkt aus deutschen, kontrollierten Blutegelzuchtanstalten.

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Der Vitralisator ist ein in der Neuzeit entwickeltes Gerät, bei dem die Nadeln mit Hilfe einer Nadelwalze über die Haut gerollt werden. Ausschlaggebend für die Eindringtiefe der Nadeln ist der Druck, mit dem das Gerät geführt wird. Mit Hilfe des Vitralisators kann man schneller großflächigere und stoßempfindlichere Hautareale behandeln.

Hauptwirkungen

Im Vordergrund der Blutegelbehandlung steht die gerinnungshemmende Wirkung. Von den Wirkstoffen des Blutegels sind etwa 11 Substanzen wissenschaftlich in Zusammensetzung und Wirkung bekannt, die weiterhin

  • entündungshemmend
  • antibiotisch
  • durchblutungsfördernd
  • blutreinigend
  • entgiftend
  • entstauend
  • krampflösend
  • entspannend
  • wirken. Es gibt aber noch mindestens 20 andere unbekannte Substanzen im Speichel des Blutegels, die heute noch nicht erforscht sind.

    Eine weitere wichtige Wirkung des Blutegels ist die Beschleunigung des Lymphstroms. Neben Blut tritt auch Lymphflüssigkeit aus der Bissstelle und schafft somit Raum zum Nachfließen neuer, frischer Lymphe. Ablagerungen, welche im Gewebe den Lymphfluss behindern, werden ausgeschieden, so dass gestaute Lymphe und gestautes Blut abfließen.

    Hauptwirkstoffe und deren Auswirkung

    • Hirudingerinnungshemmend, diuretisch, antibiotisch (hält die Wunde beim Saugakt offen)
    • Histamingefäßerweiternd, Einfluss auf die Histamin-Stoffwechselvorgänge
    • Heparingerinnungshemmend
    • Calingerinnungshemmend (zuständig für das Nachbluten)
    • Hyaluronidaseantibiotisch, gewebelockernd, sorgt dafür, dass sich die anderen Wirksubstanzen am Wirkort ausbreiten können
    • Egelinentzündungshemmend, antibiotisch, u.a.
    • Bdellinentzündungshemmend, antibiotisch, u.a.
    • Apyraseentzündungshemmend, antibiotisch, u.a.
    • Kollagenaseentzündungshemmend, antibiotisch, u.a.
    • Hementindurchblutungsfördernd
    • Orgelasedurchblutungsfördernd
    • anästhetische SubstanzSchmerzunempfindlichkeit beim Saugen

    Ablauf der Behandlung

    Bestellen der Egel

    Ich beziehe die in meiner Praxis verwendeten Blutegel von der Biebertaler Blutegelzucht, einer deutschen, kontrollierten Blutegelzuchtanstalt. Die Blutegel werden nach der Anlieferung in ein großes Wasserglas gegeben und an einen ruhigen dunklen Ort in der Praxis abgestellt. So können sich die Tiere beruhigen. Ruhe ist sehr wichtig für die Blutegel, da die sehr empfindlich auf äußere Umstände wie Transport, Wasserqualität, Luftdruckveränderungen und ähnliches reagieren. Nach ca. 2 Tagen Ruhe können die Blutegel am Patienten angesetzt werden.

    Patientenhinweise vor der Behandlung

    1 Tag vor der Behandlung sollte die vorgesehene Stelle nicht mehr mit Seife gewaschen oder eingecremt werden, da die Blutegel empfindlich auf chemische Substanzen reagieren. Weiterhin sollte sich nicht parfümiert oder Tabak geraucht werden. Es besteht die Gefahr, dass die Blutegel sonst nicht beißen. Außerdem sollte der Patient an diesem Tag wenig getrunken haben und mit leerer Blase erscheinen. ASS (Aspirin) sollte 5 Tage vor einer Behandlung nach Rücksprache mit dem Arzt nicht eingenommen werden. Es darf 2 Tage nach der Behandlung wieder eingenommen werden. Der Patient soll ca. 3-4 Tage nach der Behandlung auf Duschen und Baden, sowie dem Reinigen der Wunde verzichten.

    Aufsetzen der Egel

    Die Egel werden einzeln möglichst ohne Stress und Hektik mit einer Pinzette aus dem Glas geholt auf die ausgewählten Stellen gesetzt. Bei Entzündungen setzt man den Egel nie in den Bereich der Entzündung, sondern immer nur in die Nähe der Entzündung. Ebenso wird man den Egel nie auf eine Vene direkt setzen. Mit Hilfe eines über den Egel gestülpten Likörglases bleibt der Egel an der ausgewählten Stelle. Nun muss man abwarten, bis der Egel zubeißt. Sollte er dies nicht tun, wird die Haut vorher mit einer Blutlanzette angeritzt, so dass der Egel durch das austretende Blut auf den Geschmack kommt. Manche Egel wollen auch gekitzelt sein, bevor sie beißen.

    Biss der Egel

    Den Biss spürt der Patient wie bei einem Mückenstich. Mit seinen Zahnfeilen raspelt der Egel die Haut in Form eines Dreisterns auf. und gibt danach seinen Speichel in die Öffnung. Danach kommt es manchmal vor, dass die Stelle in ihrer Umgebung für ein paar Minuten ein wenig brennt oder schmerzt. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass sich die Gefäße an dieser Stelle erweitern.

    Saugakt und Nachbluten

    Jeder aufgesetzte Egel saugt ca. 2 bis 20 ml Blut, gibt seine heilenden Sekrete in die Wunde und fällt nach 10 - 45 min von alleine ab. Dabei kann er seine Ausgangsgröße von etwa 2 cm auf das 5 fache vergrößern. Der Blutegel sollte niemals mit Gewalt entfernt werden, da dies zu schweren Hautverletzungen führen kann. Die Anzahl der aufgesetzten Egel kann von 2 bis 10 betragen.

    Das anschließende Nachbluten von bis zu 40 ml Blut aus der Bisswunde, welches bis zu 24 Stunden dauern kann, ist erwünscht und sollte nicht unterbunden werden, denn es erhöht die Wirksamkeit der Blutegeltherapie. Außerdem wird dabei die Wunde von Keimen befreit. Diese Therapieform wird wegen des Blutverlustes auch als ?kleiner Aderlass? bezeichnet.

    Anlegen des Verbandes

    Auf die Wunden werden fachgerecht sterile Kompressen aufgelegt und ein saugfähiger Verband angelegt. Am Tag der Blutegeltherapie sollt der Patient körperliche Anstrengung vermeiden. Am nächsten Tag sollte ein erneuter Verbandwechsel durchgeführt werden. Dies kann in der Praxis geschehen oder zu Hause, indem der Therapeut dem Patient Verbandmaterial mitgibt. Die Wunden sollten in den nächsten Tagen bis zur Verheilung kontrolliert werden.

    Entsorgen der Egel

    Gebrauchte Blutegel müssen nach Gebrauch getötet werden. Dies kann durch Einfrieren geschehen oder durch Einlegen in hochprozentigen Alkohol. Die Tötung durch Verätzung mit hochprozentiger Säure lehne ich ab. Man kann die Egel nicht wieder verwenden. Zum einen hätten sie circa zwei Jahre lang keinen Hunger mehr auf eine neue Blutmahlzeit, zum anderen besteht die Gefahr einer Infektion durch das vorher aufgesaugte Blut.

    Hauptanwendungsgebiete

    Bei allen Stauungszuständen im Körper, was bei vielen chronischen Erkrankungen der Fall ist.

  • venöse Erkrankungen
    • akute Venenentzündung
    • variköses Syndrom, Besenreiser
    • Varizen, Krampfadern
    • postthrombotisches Syndrom
    • Ulcus cruris (offenes Bein)
  • akuter Gichtanfall
  • alle Arthrosen

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    weitere Anwendungsgebiete

  • Lymphdrüsenentzündung
  • Mittelohrentzündung
  • Knochenhautentzündung
  • Gallenblasenentzündung
  • Gallengangsentzündung
  • u.a. Entzündungen
  • Hämorrhoiden
  • Hämatome
  • infizierte Wunden
  • Furunkel, Karbunkel
  • Gürtelrose
  • Wundheilungsstörungen durch postoperativen Lymphstau

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  • Muskelverspannung
  • Schulter-Arm-Sydrom
  • Tennisellenbogen
  • Rückenschmerzen
  • Lumbalgie, Ischalgie
  • Bandscheibenprobleme
  • Hüftgelenksschmerzen
  • Knieschmerzen
  • Arthritis
  • Rheuma
  • Gicht
  • Bluthochdruck
  • Kopfschmerzen
  • Migräne
  • Tinnitus
  • Schwerhörigkeit
  • Morbus Ménière
  • Schwindel
  • Schnupfen
  • Sinusitis
  • Hyperthyreose
  • Wechseljahrsbeschwerden

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    Kontraindikationen

  • Einnahme von Blutverdünnern (Marcumar, Heparin), die den Quick-Wert senken
  • angeborene oder erworbene Bluterkrankheit (Hämophilie)
  • ausgeprägte Blutarmut (Anämie) und Knochenmarksuppression
  • Akute (blutende) Magen- oder Darmgeschwüre
  • medikamentöse Unterdrückung der Immunreaktion (Immunsuppression)
  • akute Infektionskrankheiten mit hohem Fieber
  • Hauterkrankung am Applikationsort, Wundheilungsstörung
  • starke Allergieneigung (speziell Eiweißallergien)
  • überschießende Bindegewebsvermehrung (Keloidbildung)
  • bekannte Allergien z.B. gegen die Inhaltsstoffe des Speichels des Egels
  • periphere arterielle Verschlusskrankheit ? PAVK (Schaufensterkrankheit) ab Stadium III
  • diabetische Mikroangiopathie - Durchblutungsstörung in den Haargefäßen
  • abgestorbenes Gewebe, Gangrän
  • während der Schwangerschaft und bei Kindern unter 30 kg sollte auf eine Behandlung verzichtet werden, da hier bislang keine ausreichenden Erfahrungen vorliegen
  • Komplikationen

  • verlängerte und verstärkte Nachblutung, die länger als 24 h anhält
  • allergische Reaktionen auf das vom Egel abgegebene Histamin
  • juckende Hautrötung um die Bissstelle
  • Pigmentstörungen, Vernarbungen an der Bissstelle, kleine Papel an der Bissstelle
  • Heftpflasterallergie nach der Blutegelbehandlung
  • Wundrose (Erysipel) nach dem Biss ist selten
  • Vorübergehender Gelenkerguss, lokale Schwellung, oder regionale Lymphknotenschwellung
  • die Übertragung von Erregern einer Infektionskrankheit speziell bei Wildegeln ist nicht auszuschließen
  • Behandlungsbilder

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    Behandlung eines Fußes bei chronisch venöser Insuffizienz

    Behandlung eines Knies bei Kniearthrose