Baunscheidtieren

Definition

Das Baunscheidtieren ist ein ausleitendes Heilverfahren, bei dem die Haut zunächst mit Hilfe eines Nadelstichelers angeritzt wird und nach dem Auftragen eines Reizöls der therapeutische Effekt durch den nachfolgenden Bläschenausschlag entsteht.

Geschichtliches

Der Entdecker dieser Therapieform ist der Ingenieur Carl Baunscheidt (1809-1873). Er hatte heftige rheumatische Beschwerden und Gicht in den Händen, als er im Jahre 1848 von einem Mückenschwarm in eine Hand gestochen wurde. Anschließend stellte er fest, dass der Stich dieser Mücken offensichtlich seine Schmerzen linderte. Bei seinen Überlegungen fand er heraus, dass durch den Stich der Mücken Löcher in die Haut gemacht wurden und das eingebrachte Sekret Bläschen aus den Löchern erzeugte, welche zur Besserung seiner rheumatischen Beschwerden beitrugen.

Diese Erkenntnis setzte er in eine Therapieform um, die noch heute erfolgreich angewandt wird. Er entwickelte ein Nadelgerät, den so genannten ?Lebenswecker?, mit dem man kleine Löcher in die Haut machen kann, und ein entsprechendes Reizöl, das nach ihm benannte ?Baunscheidt-Öl? aus dem Sekret der Mücken. Er heilte nachfolgend viele Patienten mit seiner Methode von ihren Leiden. Bis heute hat sich das ?Baunscheidtieren? v.a. in den Naturheilpraxen bewährt.

Die Rezeptur des Original ?Baunscheidt-Öls? nahm Baunscheidt mit ins Grab. Es enthielt vermutlich Crotonöl, welches erbsengroße, eitrige Pusteln entstehen ließ und eine schnellere und bessere Heilung brachte. Das Crotonöl gilt seit den 70 er Jahren als krebserregend und darf nicht mehr verwendet werden. Die heutigen, in den Apotheken gemischten Baunscheidt-Öle, bestehen aus verschiedenen ätherischen Ölen und Histamin, welches der Hauptbestandteil des Mücken-Sekretes oder der Brennnessel ist.

Lebenswecker und Vitralisatorteilung

Der Lebenswecker besteht aus einem 17 cm langen, zylinderförmigen Schaft, der sich nach oben erweitert und einem innen liegenden Kolben mit Spiralfeder Raum gibt. Am Ende des Kolbens befindet sich eine 1,5 cm große kreisförmige Oberfläche mit 33 Stahlnadeln, die etwa 1 cm lang sind, aber durch einen umgebenden Metallring nur etwa 1-2 mm in die Haut einschnellen können.

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Der Vitralisator ist ein in der Neuzeit entwickeltes Gerät, bei dem die Nadeln mit Hilfe einer Nadelwalze über die Haut gerollt werden. Ausschlaggebend für die Eindringtiefe der Nadeln ist der Druck, mit dem das Gerät geführt wird. Mit Hilfe des Vitralisators kann man schneller großflächigere und stoßempfindlichere Hautareale behandeln.

Behandlungsablauf

Nach dem Anamnesegespräch und festgestellter Indikation für das Baunscheidtieren wird die entsprechende Hautzone aufgesucht. Nun wird die desinfizierte Haut mit dem Lebenswecker mehrmals angeritzt. Dabei können gegebenenfalls aus den Löchern kleine Blutstropfen austreten. Das Anritzen wird zwar als nicht angenehm empfunden, hat aber trotzdem eine geringe Schmerzintensität. Mit einem großen Watteträger wird das Reizöl aufgenommen und auf die vorher angeritzte Haut aufgetragen. Nach einigen Minuten entstehen aus den Löchern hirsekerngroße, leicht juckende und brennende Bläschen, die die Giftstoffe aus dem Gewebe nach außen leiten. Zum Schluss wird das behandelte Hautareal mit hyperämisierender Spezialwatte abgedeckt und steril verbunden. Oft kommt es danach zur Wärmebildung. Der Patient sollte die nächsten 2 Tage ruhen und keine Anstrengung haben. Nach 2 Tagen wird der Verband abgenommen. Die Bläschen sind abgetrocknet. Nach 3-4 Tagen darf wieder geduscht werden. Es bleiben keine Narben zurück.


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Wirkungen

  • Ausleitung von Giftstoffen
  • Förderung der Durchblutung
  • Anregung des Lymphflusses
  • Anregung des Stoffwechsels
  • Linderung von Schmerzen
  • Regulierung der Muskelspannung
  • Steigerung des Immunsystems
  • Kräftigung geschwächter Menschen
  • reflektorische Wirkung auf die inneren Organe
  • Anwendungsgebiete

  • alle Arten von Arthrose
  • alle Arten von Arthritis
  • Gicht

  • Schleimbeutelentzündung
  • Sehnenscheidenentzündung
  • Tennisellenbogen

  • HWS-, BWS-, LWS-Syndrom
  • Ischalgie, Neuralgie, Skoliose
  • Schulter-Arm-Syndrom

  • Karpaltunnelsyndrom
  • Wadenkrämpfe
  • Muskelverspannung, Gelosen
  • Stauungszeichen

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  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Leber-Galle-Beschwerden
  • chronische Blasenentzündung
  • Blasenschwäche

  • funktionelle Herzbeschwerden
  • Schilddrüsenerkrankungen
  • Kopfschmerzen, Migräne

  • Asthma bronchiale
  • Otitis media, Otosklerose
  • chronische Sinusitis, Tinnitus

  • grauer Star, grüner Star
  • chronische Infektanfälligkeit
  • Narben als Störfelder

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    Kontraindikationen

  • akutes Fieber
  • Autoaggressionskrankheiten
  • Allergien auf die Bestandteile des Reizöls
  • Nebenwirkungen

  • averstärkter Juckreiz und allergische Reaktionen auf die Inhaltsstoffe des Öls
  • Hautpigmentierungen können bis zu ½ Jahr bestehen bleiben
  • in seltenen Fällen kann es zur Narbenbildung kommen
  • starke Reaktion auf die Behandlung mit Fieber oder Müdigkeit